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EVN Klimainitiative

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VERKEHR + UMWELT Klimaneutral mit Bioethanol

Univ.-Prof. DI Dr. Bernhard Geringer
ist Vorstand des Instituts für
Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik
an der Technischen Universität Wien.
© TU Wien

Statistik Austria meldet die Zunahme von Kohlenstoffdioxid-Emissionen im Langzeitvergleich von 1995 bis 2015 um 4,6 Prozent. Hauptverantwortlich ist nach Aussage des Umweltbundesamtes der Transportsektor, konkret der Güterverkehr. Welche Möglichkeiten gibt es, die Emissionen und auch den Partikelausstoß zu reduzieren? Während in Österreich die Benzin-Kraftstoffmischung E5, das heißt 5 Prozent Bioethanol-Anteil bezogen auf die Volumenbeimischung beträgt, ist man in Deutschland schon bei E10 angelangt. Ebenso in den USA, wo man bereits über eine deutlich höhere Beimischrate nachdenkt, berichtet das US Fuels Institute. Welche Vorteile für die Umwelt bringt eine höhere Beimischrate von biogenen Komponenten bei fossilen Kraftstoffen? Das Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der Technischen Universität Wien hat darüber konkret eine wissenschaftliche Studie über Bioethanol-Zumischung zu Benzin durchgeführt. Energie Vision sprach mit dem Institutsvorstand Univ.-Prof. Dr. Bernhard Geringer darüber.


Energie Vision: Herr Professor Geringer, die EU-Richtlinie 2003/30/EG zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen im Verkehrssektor soll sicherstellen, dass in den einzelnen Mitgliedsstaaten bei den in Verkehr gebrachten fossilen Energieträgern ein Mindestanteil von biogenen Komponenten beigemischt wird. Für welchen Biokraftstoff hat sich Österreich bei Benzin entschieden?

Univ.-Prof. Geringer: In Österreich liegt der Bioethanol-Anteil im handelsüblichen Tankstellenbenzin bei 5 Volumprozent. Superplus hat üblicherweise gar kein Ethanol beinhaltet, dafür aber häufig ETBE (Ethyl-Tertiär-Butylether). Das ist ein Ether, das aus Ethanol hergestellt wird. ETBE wird ebenso als Biokraftstoff gewertet, allerdings nur mit einem Anteil von knapp 50 Prozent.

Energie Vision: Warum wird gerade Bioethanol beigemischt?

Univ.-Prof. Geringer: Bioethanol hat eine aus motorischer Sicht günstigere chemische Zusammensetzung als herkömmlicher Kraftstoff. Das führt zu einer besseren Verbrennung und damit verbunden auch geringeren Partikel- und Kohlenstoffdioxid-Emissionen. Dazu kommt die Kohlendioxid-Einsparung durch die nachhaltige Erzeugung von Bioethanol. Das sind zwei unabhängige Effekte mit positiven Auswirkungen auf unsere Umwelt.

Energie Vision: Wie ist die nachhaltige Erzeugung von Bioethanol zu verstehen?

Univ.-Prof. Geringer: Her geht es um die „Chemiefabrik Pflanze“. Das bei der motorischen Verbrennung entstehende Kohlenstoffdioxid aus dem Ethanol wurde vorher als Biomasse bei dem Assimilations- oder Photosyntheseprozess der Pflanze aus der Umgebungsluft aufgenommen. Damit ist Bioethanol zu einem großen Teil „klimaneutral“.

Energie Vision: Dann handelt es sich bei Bioethanol um konvertierte und gebundene Sonnenenergie?

Univ.-Prof. Geringer: Definitiv ja.

Energie Vision: Welche Ergebnisse hat Ihre wissenschaftliche Studie ergeben?

Univ.-Prof. Geringer: Messungen, die im Rahmen einer Studie in unserem Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik durchgeführt wurden, zeigen, dass eine höhere Beimischrate von Bioethanol in Benzin als heute sowohl die Kohlenstoffdioxid-Bilanz als auch – und das ist ganz entscheidend – den Partikelausstoß massiv reduziert.

Energie Vision: Welche Benzin-Kraftstoffmischungen und welche Fahrzeuge wurden getestet?

Univ.-Prof. Geringer: Es wurden drei Kraftstoffmischungen, konkret 5 Prozent (E5) als Referenz, 10 Prozent (E10) und 20 Prozent (E20) Bioethanol-Anteil, alles bezogen auf Volumenbeimischung, in drei modernen Fahrzeugen der Emissionsklasse Euro 6 getestet. Das waren ein Plug-in-Hybridfahrzeug und zwei mit konventionellem Antriebsstrang. Die Automarken haben wir nach ihrer Marktdurchdringung ausgewählt, also repräsentativ für die österreichische Autopopulation.

Energie Vision: Wo fanden die Tests statt?

Univ.-Prof. Geringer: Die präzisen Untersuchungen fanden sowohl am Rollenprüfstand an der Technischen Universität Wien als auch im realen Straßenverkehr – das heißt „Onroad“ statt. Dabei wurden für die Onroad-Tests die Fahrzeuge mit einem speziellen, hochmodernen mobilen Abgasmesssystem ausgestattet.

Energie Vision: Wie waren die Testergebnisse hinsichtlich Partikel- und Kohlenstoffdioxid-Emissionen?

Univ.-Prof. Geringer: Im Vergleich zum gewöhnlichen, also derzeitigen Tankstellenbenzin mit E5 al können im Gesamtergebnis der drei Fahrzeuge die Partikel-Emissionen bei E10 um bis zu 23 Prozent gesenkt werden. Bei E20 sogar bis zu 61 Prozent. Die Reduzierung bei Kohlenstoffdioxid liegt bei E10, ebenfalls im Gesamtergebnis der drei Fahrzeuge, bei 1,9 Prozent und bei E20 bis zu 3,5 Prozent.

Energie Vision: Woraus ergibt sich die Kohlenstoffdioxid-Reduzierung?

Univ.-Prof. Geringer: Die Reduktion kommt aus der rein besseren motorischen Verbrennung. Zusätzlich entsteht ein sehr großer Reduktionseffekt durch die nachhaltige Herstellung des Bioethanols. Dieser liegt bei 60 Prozent bis 70 Prozent, je nach Ethanolherstellung.

Energie Vision: Das ist ein bemerkenswerter Beitrag zur Reduzierung der verkehrsbedingten Emissionswerte bei Partikeln und Kohlenstoffdioxid.

Univ.-Prof. Geringer: Ja, das Ausmaß dieser Reduktion ist wirklich bemerkenswert. Sowohl am Rollenprüfstand als auch bei den Messungen im realen Straßenverkehr konnten wir eine markante Emissionssenkung feststellen. Positiv anzumerken ist auch, dass eine solche Maßnahme der Beimischung alle Fahrzeuge, also auch die bestehende Flotte, positiv beeinflussen würde.

Energie Vision: Danke für das Gespräch.